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Dolmetschen ist Lernen

Dolmetschen heißt Lernen

Im berühmten Sommerloch ist, wie der Name vermuten lässt, wenig los. Wenn keine Vertanstaltungen stattfinden, gibt es auch nichts zu dolmetschen. Das heißt aber nicht, dass ich einfach die Hände in den Schoß lege und nichts tue. Natürlich nutze ich die Zeit auch für Erholung und wetrvolle Zeit mit der Familie. Das ist wichtig, um die Batterien wieder aufzuladen und Kraft zu tanken für die anstehende Herbstsaison.


Darüber hinaus nutze ich solche ruhigen Phasen aber auch gerne für Aktivitäten, die in der Hektik der Konferenzzeit gerne mal hinten runterfallen. Dazu gehört die Steuererklärung, die Buchhaltung nochmal unter die Lupe zu nehmen, Marketingstrategien zu planen und nicht zuletzt die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen.


Diesen Sommer habe ich an einer Fortbildung der besonderen Art teilgenommen: Ich war beim WISE Interpreting Workshops in Brüssel dabei.


WISE steht für „Workshop for Interpreting Skills Exchange“ und ist ein 5-tägiger Praxiskurs mit intensiven Sessions voller Dolmetschen, Zuhören, Redenhalten und Feedbackgeben. Der Workshop ist von Dolmetscher:innen für Dolmetscher:innen und lebt von der regen Teilnahme aller. Das besondere daran ist, dass jede:r eine dreifache Rolle einnimmt: Man ist Redner:in, Zuhörer:in und Dolmetscher:in in einem. So feilt man nicht nur an seinen Fertigkeiten in der Kabine oder an der Notizentechnik, sondern erhält die Möglichkeit zum Perspektivwechsel. Sich in die Schuhe eines/r Render:in zu begeben oder die Kopfhörer als Zuhörer:in aufzusetzen erweisen sich als enorm hilfreich, um sich selbst als Dolmetscher:in kritisch zu hinterfragen und die eigenen Fähigkeiten zu verbessern.




Das Feedback, das man von seinen Kolleg:innen erhält, ist ebenfalls in aller Ehrlichkeit von maßgeblicher Bedeutung , um sich von den Marotten zu befreien, die sich mit den Jahren eingeschlichen haben. Demnach bietet das Seminar sowohl Frischlingen als auch alten Hasen gleichermaßen großen Mehrwert. Besonders viel Spaß hat mir die EYAWKANDA-Session (Everything You Always Wanted To Know And Never Dared To Ask) bereitet. Bei dieser Session werden aktuelle Entwicklungen unseres Berufs besprochen – dabei spricht jede:r in der Muttersprache und wir verdolmetschen uns gegenseitig. Eine sehr erhellende Erfahrung, in deren Vergnügen man nur selten kommt.


Ich hatte mit meinen vier Kolleginnen aus der deutschen Kabine einen sehr produktiven Austausch und habe auch von den englischsprachigen Kolleg:innen unheimlich wertvolles Feedback zu meiner B-Sprache erhalten.


Dolmetschen heißt Lernen. Nicht nur bei der Vorbereitung eines Einsatzes oder während des Einsatzes selbst, sondern auch dazwischen. Das ist einer der Hauptgründe, warum sich viele von meinen Kolleg:innen und ich auch für diesen Beruf entschieden haben und ihn so gerne ausüben.

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16. September 2024

Über die Autorin

Laura Bischoff ist als freiberufliche Konferenzdolmetscherin in Aachen mit den Sprachen Deutsch (A), Englisch (B), Französisch (C) und Spanisch (C) tätig. Vor ihrer Selbstständigkeit arbeitete sie in der Abteilung für Terminologie in der Generaldirektion Dolmetschen der Europäischen Kommission. Das Studium absolvierte sie in Brüssel und Köln.

Dolmetschen ist (k)ein Haixenwerk

von Laura Bischoff 9. Dezember 2024
Dolmetschen ist einmalig und unmittelbar Das Spannende am Dolmetschen ist, dass das Produkt für den Moment gedacht ist. In der Sekunde, in der ich die Leistung erbringe, ist sie relevant und wird direkt durch die Zuhörenden verwerten. Sobald der Moment verstrichen ist, ist auch die Verdolmetschung vorbei und verliert ihre Bedeutung. So ist das beim gesprochenen Wort. Was zählt ist das, was darauf folgt. Die Reaktion der Zuhörenden, die Handlungen, die sich daraus ergeben, die Erinnerung an den Augenblick. (Aufnahmen von Online-Meetings, die die Verdolmetschung ebenfalls erfassen, klammere ich hier bewusst aus, denn diese haben nichts mit dem ursprünglichen Verwendungszweck der Verdolmetschung zu tun. Das lässt sich in die gleiche Kategorie wie Voice-Over eine Filmproduktion einordnen.) Was sich aus oben verfassten Überlegung ergibt, ist die Tatsache, dass alles, was mit der Verdolmetschung einhergeht, ebenfalls ausschließlich für den Einsatz in ebenjenem Moment gedacht ist und danach wortwörtlich in die Tonne kann. Dabei nehme ich nun insbesondere Bezug auf die schriftlichen Notizen, die Dolmetscher:innen bei ihrer Arbeit anfertigen. Papierverbrauch beim Konsekutivdolmetschen Wenn ich ans Notieren beim Dolmetschen denke, kommt mir sofort das Konsekutivdolmetschen in den Sinn. Beim Konsekutivdolmetschen ist das übliche vorgehen so: Der/die Redner:in trägt seinen/ihren Redebeitrag vor. Als Dolmetscherin höre ich genau zu und mache mir als Gedankenstütze einige Notizen. Die Notizentechnik, die dafür zum Einsatz kommt, besteht aus einer Mischung aus Text, Abkürzungen und Symbolen, die im Studium erlernt und im Laufe der Dolmetschkarriere auf Grundlage der dazugewonnenen Erfahrung verfeinert wird. Nachdem der/die Redner:in geendet hat, oder - wenn der Beitrag sehr lange geht - nach einer kleinen Unterbrechung, gebe ich das Gesagte in der anderen Sprache wieder. Je nach Länge des Dolmetscheinsatzes verbrauche ich dabei eine Menge Papier. Wer viele Konsekutivaufträge hat, hat demnach einen relativ hohen Papierverbrauch allein für diese Tätigkeit. Ressourcenschonende Alternativen Als ich mich mit meiner Kollegin Caterina Saccani , Expertin im Bereich Nachhaltigkeit, darüber austauschte, berichtete sie mir von Bambook, einer nachhaltige Alternative für klassische Papierblöcke. Dieses wiederverwendbare Notizbuch ist nicht nur für To-Do-Listen, Brainstorming, Gedankenstützen, oder ähnlichem ein praktisches Helferlein für all diejenigen, die noch gerne mit der Handschreiben - mir persönlich hilft das handschriftliche Schreiben beim Sortieren meiner Gedanken und ich komme damit oft besser klar, als etwas ins Handy zu tippen. Sondern es kann auch beim Dolmetschen helfen, die Tätigkeit ein kleines bisschen ressourcenschonender zu gestalten. Notieren beim Simultandolmetschen Ein Notizblock ist mir auch bei jedem Simultandolmetscheinsatz ein treuer Begleiter. Während ich in Echtzeit das Gesagte von einer Sprache in die andere übersetze, schreibe ich Zahlen, Eigennamen oder (bei langen Satzkonstruktionen) Verben auf. Zudem ist es eine große Hilfe, die wichtigsten Fachbegriffe schwarz auf weiß vor mir zu sehen, damit ich sie nicht erst am Tablet nachschlagen muss. Auch in dieser Situation verliert das Geschriebene auf dem Notizblock seine Relevanz, sobald der Einsatz abgeschlossen ist. Neulich testete ich also kurzerhand den Bambook-Block bei einem Simultaneinsatz aus und war fasziniert, wie anders ich im Vergleich zum klassischen Papierblock notiert habe. Kein Gekritzel, das ich sonst unbewusst zum Stressabbau fabriziere, ordentlichere und besser lesbare Schrift. Und ich habe keinen Müll produziert, sondern kann meine Notizen wegwischen und den Block beim nächsten Einsatz direkt wiederverwenden. Eine tolle Sache! Wenn Sie mehr über das mysteriöse Geschreibsel von Dolmetscher:innen erfahren wollen, kommen Sie gerne auf mich zu.
von Laura Bischoff 28. Oktober 2024
Was ist der Unterschied zwischen Dolmetschen und Übersetzen?
von Laura Bischoff 21. Oktober 2024
Das ist ja wie Zauberei!
von Laura Bischoff 5. August 2024
Dolmetschen ist (k)ein Haixenwerk - Wie kam dieser Blog zu seinem Namen?
Dolmetscher Aachen berät bei der Suche nach einem zertifizierten Dolmetscher
von Laura Bischoff 23. Juli 2024
In diesem Beitrag erfahren Sie, was ein zertifizierter Dolmetscher ist und welche Arten der Zertifizierung es in der Branche gibt.
Logo des europäischen Terminologie-Management-Tools IATE
von Laura Bischoff 24. Juni 2024
Wie mir das Terminologie-Tool IATE in meinem Berufsalltag als Dolmetscher in Aachen das Leben erleichtert
von Laura Bischoff 20. Juni 2024
Es gibt viele gute Gründe dafür, sich bei der Organisation internationaler und mehrsprachiger Veranstaltungen auf Dolmetscher zu verlassen. 6 davon erläutere ich in diesem Beitrag.
von Laura Bischoff 31. Mai 2024
Warum der Erfahrungsaustausch unter Kolleg:innen so wichtig ist.
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